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Europäische Mautsysteme für Lkw: Wie Transportunternehmen den Überblick behalten

Mautsysteme sollen nicht nur die Nutzung von Straßen regeln, sondern auch deren Finanzierung sicherstellen. Doch trotz der sonst zahlreichen einheitlichen Regelungen in der Europäischen Union bleibt die Maut für Lastkraftwagen (Lkw) nach wie vor national organisiert. Wir geben einen Überblick über die verschiedenen Systeme und die Herausforderungen bei der Kalkulation für länderübergreifende Transporte.

Welche Lkw-Mautsysteme gibt es in Europa?

Beim Durchqueren verschiedener Länder werden Transportunternehmen mit unterschiedlichen Regelungen und Tarifen konfrontiert. Es gibt Vignetten, offene und geschlossene Mautsysteme und sogenannte Free-Flow-Systeme. In manchen Ländern, zum Beispiel Italien und Polen, findet man auch mehrere Systeme gleichzeitig.

Vignetten: zeitgebundene Gebühr

Das wohl bekannteste Mautsystem ist das Vignetten-System, das in einigen europäischen Ländern im Einsatz ist. Die Vignette erhebt eine Gebühr für die Straßennutzung innerhalb eines festen Zeitraums. Die Kosten richten sich nach bestimmten Fahrzeugmerkmalen, z. B. Fahrzeugklasse und Gesamtgewicht. Berechnet wird lediglich die Streckennutzung für einen bestimmten Zeitraum. Die zurückgelegte Strecke oder die Anzahl der Grenzüberschreitungen sind unerheblich.

Am meisten verbreitet ist das Eurovignetten-System. Zumindest in seinem Gültigkeitsbereich gibt es bereits eine Vereinheitlichung. Im Vergleich zu anderen nationalen Mautgebühren ist es eher günstig. Für den Erwerb muss man das Fahrzeug im Voraus online registrieren, wobei die Höhe, die Schadstoffklasse und die Anzahl der verbauten Achsen berücksichtigt werden. Wichtig: In Österreich gilt das Vignetten-System nur für Pkw.

EU-Länder mit Vignetten-System: Schweden, Dänemark, Luxemburg, die Niederlande

Geschlossene Mautsysteme: Gebührenerhebung beim Verlassen der Strecke

In einigen europäischen Ländern gilt ein geschlossenes Mautsystem. Frankreich ist hier ein gutes Beispiel. Bei der Einfahrt in den Mautbereich wird ein Ticket gezogen, bei der Ausfahrt muss die Maut an einer Mautstation bezahlt werden. Der Verkehr wird bei geschlossenen Mautsystemen stark beeinträchtigt. Zunehmend werden deshalb Kontrollbrücken eingesetzt, um die Einhaltung der Mautpflicht zu überwachen. Die Gebühren richten sich dabei nach verschiedenen Kriterien wie dem zulässigen Gesamtgewicht, der Anzahl der Achsen und in den seltensten Fällen nach der Emissionsklasse des Fahrzeugs. In Frankreich berücksichtigt man für die Berechnung neben dem zulässigen Gesamtgewicht und der Achsanzahl noch die maximale Höhe der Fahrzeugkombination.

EU-Länder mit geschlossenem Mautsystem: Frankreich, Italien, Spanien, Polen

Offene Mautsysteme: Gebührenerhebung vor dem Befahren der Strecke

Im Gegensatz dazu setzen einige Länder auf offene Mautsysteme. Hier erfolgt die Gebührenerhebung nicht beim Verlassen der Autobahn, sondern pauschal vor dem Befahren einer mautpflichtigen Strecke. Gemessen wird beim Passieren von Mautstationen entlang bestimmter Streckenabschnitte. Wichtig für Transportunternehmen ist eine gute Planung und Streckenkenntnis. Disponent und Fahrer müssen vor Fahrtbeginn genau wissen, wo die mautpflichtigen Streckenabschnitte liegen und ob sie durchfahren werden, denn die Buchung ist online nur vor Fahrtantritt möglich oder die Fahrt muss innerhalb einer kurzen Frist den Behörden nachgemeldet werden.

EU-Länder mit offenem Mautsystem sind u.a. Italien, Polen, Spanien

Free-Flow-Systeme: Gebührenerhebung mittels On-Board-Units (OBU)

Free Flow-Systeme beeinträchtigen den Verkehr am wenigsten und setzen sich zunehmend durch. Es ist bereits das häufigste Mautsystem in Europa. Die Mauterhebung ist streckengebunden und erfolgt durch elektronische Erfassungsgeräte auf der Strecke (z. B. an Mautbrücken oder Verkehrsschildern) und durch On-Board-Units in den Fahrzeugen (Mautboxen). Bei der Durchfahrt werden Informationen wie die Schadstoffklasse, die Anzahl der Achsen, das zulässige Gesamtgewicht und die befahrene Strecke erfasst. Daraus berechnet sich dann die anfallende Gebühr.

Bereits für Lkw >3,5 t betreibt Österreich ein Free-Flow-System, das mit Mautboxen für das deutsche bzw. schweizerische System genutzt werden kann (Stichwort: Toll2Go, LSVA-Box).

Als zentrales Land in Europa darf man die Schweiz nicht außer Acht lassen, obwohl sie kein EU-Mitglied ist: Dort gibt es eine leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) für alle Fahrzeuge, die mit mehr als 3,5 t Gesamtgewicht im gewerblichen Kraftfahrzeugverkehr unterwegs sind. Abgerechnet wird aufgrund des Gesamtgewichts, der Emissionsstufe und der gefahrenen Kilometer.

Wichtig beim Planen von Strecken mit Free-Flow-System: Zwar sind häufig die Systeme zur Erfassung kompatibel. Die Berechnungsgrundlagen können aber in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich sein.

EU-Länder mit Free-Flow-Systemen: Belgien, Deutschland, Österreich, Polen, Tschechien, Slowakei, Slowenien, Ungarn sowie die Schweiz

Der European Electronic Toll Service (EETS) eine gute Teil-Lösung

Um die Fahrten durch die Vielzahl an Mautsystemen zu vereinheitlichen, wurde der European Electronic Toll Service (EETS) eingeführt. Das System soll den Zugang zum europäischen Straßennetz mit nur einer Mautbox und einem Vertrag ermöglichen. EETS ergänzt die nationalen elektronischen Mautdienste und gewährleistet, dass die in den Mitgliedstaaten bereits vorhandenen und die künftig eingeführten Mautsysteme für EETS-Nutzer interoperabel sind. Das heißt: eine Box im Lkw für alle europäischen Länder. Es gibt inzwischen einige Anbieter von Mautboxen, die diesen Service für unterschiedliche Länder bieten und damit die Abwicklung von grenzüberschreitenden Transporten in Europa erleichtern. Das EETS ist jedoch noch nicht in allen Mitgliedstaaten gleichermaßen umgesetzt. Die Tarifunterschiede bei der Kalkulation der Transportkosten bleiben jedoch, ob mit und ohne EETS.

Wichtige Faktoren bei der Kalkulation der Mautgebühren in Europa

Wer einen Transport von Polen nach Spanien oder von den Niederlanden nach Italien durchführt, muss mit einigem Aufwand rechnen. Die sorgfältige Planung lohnt sich aber, damit der Transportauftrag am Ende auch den erwarteten Gewinn abwirft.

Gebührenunterschiede in den verschiedenen Mautsystemen

Die Kosten der einzelnen Mautsysteme sind sehr unterschiedlich: Für einen klassischen Gliederzug mit Abgasklasse 6 werden für die Eurovignette 1.250 Euro pro Jahr fällig (Stand 2023). In Deutschland würde das gleiche Fahrzeug nach jetzigem Stand 34.800 Euro bei einer mautpflichtigen Fahrleistung 100.000 km/Jahr kosten. Ausnahme ist Finnland: Dort fallen gar keine Mautgebühren an.

Doch neben den verschiedenen Mautsystemen sollte man noch einige andere Kriterien bei der Planung berücksichtigen:

Verschiedene Berechnungsgrundlagen der europäischen Mautsysteme

Die Herausforderung für Transportunternehmen besteht nicht nur in den verschiedenen Mautsystemen, sondern auch in der unterschiedlichen Gebührenberechnung. Selbst bei interoperablen Free-Flow-Systemen weichen die Berechnungsgrundlagen für die Maut in den verschiedenen Ländern voneinander ab: Während in Belgien, Polen und Tschechien das zulässige Gesamtgewicht des Fahrzeugs eine entscheidende Rolle spielt, berücksichtigen Deutschland und Österreich die Anzahl der Achsen und die Schadstoffklasse. In der Schweiz wiederum legt die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe das Gesamtgewicht, die Emissionsstufe und die gefahrenen Kilometer zugrunde.

Was sollte man bei der länderübergreifenden Transportplanung berücksichtigen?

Insgesamt zeigt die Vielfalt der Mautsysteme in Europa, dass der grenzüberschreitende Güterverkehr mit erheblichen bürokratischen Herausforderungen verbunden ist. Transportunternehmen müssen nicht nur nach wie vor die verschiedenen Systeme verstehen, sie müssen zudem die jeweiligen Tarife und Regelungen im Auge behalten.

Die Nutzung von Mautboxen aus interoperablen Mautsystemen ist hilfreich. Ratsam ist auch die regelmäßige Überprüfung auf den offiziellen Websites der Mautstellen und der Verkehrsbehörden, um stets aktuelle Informationen zu Berechnungsgrundlagen und zu Preisen zu erhalten.

Je nachdem, welche Länder man durchquert, kann die Fahrzeugwahl einen Kostenunterschied bedeuten. Gleichzeitig müssen Disponenten bei der Transportplanung zusätzlich Lenk- und Ruhezeiten, Kabotage und die Details des Transportauftrags berücksichtigen. Ein Flottenmanagementsystem kann hier helfen, europaweite Transporte effektiver und kosteneffizienter zu planen.

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Horst Götze
Horst Götze, gelernter Speditionskaufmann aus Köln, ist derzeit in der Position des Dispositionsleiters in einem mittelständischen Transportunternehmen tätig. Mit einer logistischen Ausbildung und rund 15 Jahren Berufserfahrung in der Logistik ist er für den reibungslosen Ablauf aller logistischen Prozesse verantwortlich. In seiner Freizeit engagiert sich Horst leidenschaftlich für die Verbreitung von logistischem Know-how und betreibt Deutschlands größten YouTube-Kanal zum Thema Logistik mit dem treffenden Namen "Logistik-Kanal". Der Kanal umfasst mittlerweile 65.000 Abonnenten und informiert vom Auszubildenden bis zum Geschäftsführer über aktuelle Themen in der Logistik.

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